Wirklichkeit, gesellschaftliche, politische, soziale, mediale Wirklichkeiten treten seit Beginn des neuen Jahrtausends mehr und mehr ins Interesse der Kunstschaffenden. Für Darina Peeva und Michael Wegerer allerdings, die beide Druckgraphik studiert haben – sie in Sofia, er in Wien – war die Beschäftigung mit der Realität schon immer selbstverständlich, denn die vervielfältigten und verbreiteten Bilder der Druckgraphik provozieren dank ihrer eigenen Charakteristika diese Haltung. Man kann auch so sagen: KünstlerInnen, die sich nicht nur den formalen Experimenten hingeben wollen, sondern darauf abzielen, Botschaften über die Welt in die Welt zu senden, verlegen sich auf Druckgraphik.
Noch immer wird die Druckgraphik gerne ins Eck biedermeierlicher, billiger Bilderproduktion gerückt, noch immer wird sie gerne auf die traditionellen handwerklichen Techniken beschränkt. Diese Ansichten marginalisieren und verharmlosen die künstlerische und politische Rolle der vervielfältigten Bilder. Druckgraphik ist heute nicht mehr bloß die Anwendung bestimmter Drucktechniken, sondern Druckgraphik ist vervielfältigte, verbreitete Kunst, die Wissen und Meinung popularisieren und in den Köpfen der Menschen verfestigen will.
Die Plakatausstellung „Willkommen in Österreich. Eine sommerliche Reise in Bildern“ im ganzjährig kühlen Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek, einem in der Österreich-Werbung beliebten Sujet, zeigt jahreszeitlich passend, aufschlussreiche Quellen zur visuellen Identität und Selbstdarstellung Österreichs in den letzten 100 Jahren, gemäß dem Motto der Ausstellung: „Geschichte zerfällt in Bilder, nicht in Geschichten“, wie Walter Benjamin in seinem Passagenwerk formulierte. Obwohl sich Österreich immer als Tourismusland verstanden hat, blieb die Geschichte des Tourismus und seiner Werbeorganisationen weitgehend unbeachtet. Die aktuelle Ausstellung und der Katalog der Österreichischen Nationalbibliothek bieten die wohl erste umfassende historische Darstellung der Bildproduktion im Dienste des Tourismus. Der zeitliche Bogen reicht von ca. 1890 bis in die 1970er Jahre, als das Plakat seine Funktion als wichtigster Träger der Werbebotschaft einbüßte.
Zeitschrift für Druckgraphik und visuelle Kultur | Journal of printed art and visual culture
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